Der YACHT-Anwalt
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Aktualisiert: vor 8 Minuten

Charter, Registrierung, internationale Gewässer und Flaggenstaaten: All das ist nicht nur eine Frage des nautischen Geschicks, sondern auch des juristischen Feingefühls. Einer, der sich in diesem speziellen Terrain auskennt wie kaum ein anderer, ist Prof. Dr. Christoph Schließmann. Der renommierte Experte für internationales Wirtschafts- und Yachtrecht berät seit Jahren Eigner, Betreiber und Investoren international.
»feine adressen – finest« hatte die Möglichkeit zu einem Gespräch über aktuelle Entwicklungen in der Branche.
Was genau versteht man unter Yachtrecht?
Yachtrecht ist kein eigenständiges Rechtsgebiet, sondern eine internationale Querschnittsmaterie. Es vereint Seerecht, internationales Privatrecht, Vertragsrecht, Versicherungsrecht, Steuer- und Zollrecht, Arbeitsrecht, Umweltrecht und zunehmend auch Compliance-Vorgaben. Eine Yacht ist juristisch gesehen ein hochmobiles Wirtschaftsgut mit vielen Schnittstellen. Yachtrecht beginnt bei der Projektierung, umfasst Bau, Kauf, Registrierung und Betrieb und reicht bis zu Streitigkeiten vor internationalen Gerichten.
Besonders bei kommerziellen Yachten ab 24 Metern greifen zahlreiche komplexe Regelwerke: Dazu gehören unter anderem das MLC 2006 (Maritime Labour Convention), das die Arbeitsbedingungen der Crew regelt, und technische Vorschriften der IMO (International Maritime Organization), wie SOLAS (Safety of Life at Sea), ISM Code (Safety Management) und ISPS Code (Security). Darüber hinaus kommen je nach Flagge nationale Regularien zur Anwendung, die sich z. B. im britischen MCA-Code, dem Malta Commercial Code oder den Regeln von Bureau Veritas, RINA, DNV u. a. wiederfinden. Wer hier nicht alle Vorschriften kennt und präzise einhält, riskiert Festsetzung, Charterverbot oder gravierende Haftung.
Wie sind Sie dazu gekommen, sich auf Yachtrecht zu spezialisieren?
Der Weg war unternehmerisch motiviert und von persönlicher Leidenschaft getragen. Als Wirtschaftsanwalt war ich seit jeher international tätig. Ein Mandant, mit dem mich die Liebe zum Meer verbindet, bat mich vor über 15 Jahren um rechtliche Begleitung beim Erwerb zweier Marinas in Kroatien. Daraus entwickelten sich erste Yacht-Mandate. Ich erkannte schnell: Die Kombination aus tiefem Wirtschaftsrechtswissen und maritimer Praxis ist selten und gefragt. Die rechtliche Komplexität und Internationalität dieser Fälle haben mich sofort fasziniert. So entstand meine Spezialisierung auf ein Segment, das damals eher ein »blauer Ozean« im Rechtsmarkt war. Mit der Gründung von »Der Yacht-Anwalt« und dem superyachtforum.eu habe ich dann diese Spezialisierung auch systematisch aufgebaut. Heute begleite ich Yachtprojekte weltweit – mit Schwerpunkt EU.
Was muss bei der Registrierung einer Yacht beachtet werden – rechtlich und steuerlich?
Die Wahl der Flagge ist eine strategische Entscheidung. Sie beeinflusst das anwendbare Recht an Bord, die Haftungs- und Sicherheitsstandards, die steuerlichen Rahmenbedingungen, das Zollregime und arbeitsrechtliche Vorschriften. Gerade im Charterbereich können fehlerhafte Registerwahlen oder fehlende Steuerkonzepte zu empfindlichen Sanktionen führen. Wer eine Yacht als privates Luxusgut oder kommerziell nutzen will, braucht ein grenzüberschreitend abgestimmtes Setup. Bei Yachten über 24 Metern ist zusätzlich auf die Einhaltung des internationalen technischen Standards (z. B. Bauzertifikate, Klassifizierung, Crewing, Sicherheitsausstattung) zu achten.
Was passiert bei Unfällen oder Streitfällen – welches Recht gilt?
Es kommt darauf an. Maßgeblich sind Ort des Geschehens, Flaggenstaat, Nationalität der Beteiligten und etwaige Gerichtsstandvereinbarungen. Wir bewegen uns hier im Spannungsfeld von Rom I/II-Verordnungen, dem UN-Seerechtsübereinkommen, nationalem Haftungsrecht und der Brüssel Ia-Verordnung. In komplexen Fällen sind oft mehrere Rechtsordnungen parallel zu prüfen. Jeder Fall ist juristisch ein Unikat.
Was sind typische Probleme bei Yachtversicherungen? Worauf sollte man achten?
Die größten Probleme entstehen durch unklare, widersprüchliche oder überraschende Ausschlüsse in den Policen.Viele »Allgefahrendeckungen« decken nicht das, was man vermuten würde. Besonders kritisch sind Kranschäden, Crewfehler, Transportvorgänge oder Regressausschlüsse. In einem aktuellen Fall versuchte der Versicherer, sich durch eine »Transportschadenklausel« der Leistungspflicht zu entziehen – das Gericht wies dies zurück. Wichtig ist: Policen müssen präzise auf den Einzelfall abgestimmt sein, mit klarer Risikobeschreibung, transparenter Taxierung und internationaler Gültigkeit.
»Yachtrecht verlangt nicht nur juristische Präzision, sondern auch strategisches Denken, technische Tiefe und Demut vor dem Unplanbaren«
Gibt es ein besonders lehrreiches Fallbeispiel?
In der Yachtwelt ist kein Fall wie der andere. Je tiefer man in die Materie einsteigt, desto klarer wird, wie vielschichtig, unerwartet und oft auch unvorhersehbar sich rechtliche und technische Herausforderungen entwickeln. Es ist ein permanentes Lernen in einem hochkomplexen, globalen Umfeld. Was mich persönlich beeindruckt hat, war der Fall einer großen kommerziellen Superyacht, bei der wir über drei Jahre hinweg den Bau rechtlich begleitet und strukturiert haben. Nach Übergabe an den Eigner und Eintragung in Malta sank die Yacht auf ihrer Jungfernfahrt vor Sardinien aufgrund eines Defekts. Innerhalb weniger Minuten war ein Objekt von über 12 Millionen Euro verloren. Die Diskussionen über die Ursachen, die Haftungsfolgen sowie die Versicherungsdeckung waren immens. Dieser Fall hat mir erneut gezeigt: Yachtrecht verlangt nicht nur juristische Präzision, sondern auch strategisches Denken, technische Tiefe und Demut vor dem Unplanbaren.
Worum ging es konkret im Verfahren LG Köln 20 O 18/23?
Der Fall vor dem LG Köln war juristisch und strategisch aufschlussreich. Eine Yacht wurde beim Kranen in einer spanischen Werft schwer beschädigt. Die Versicherung verweigerte die Zahlung mit Verweis auf eine unklare Klausel. Wir klagten und gewannen. Das Gericht stellte klar: Die Bedingungen waren intransparent, der Schaden fiel unter die Deckung. Es ging nicht nur um über eine Million Euro, sondern auch um grundsätzliche Fragen zur Auslegung von Versicherungsbedingungen. Im Mittelpunkt stand die Abgrenzung von »Anlandholen« und »Transport«. Die Versicherung argumentierte, der Schaden sei beim Transport entstanden und damit ausgeschlossen. Wir konnten nachweisen, dass der Hebevorgang – ein versicherter Vorgang – noch nicht abgeschlossen war. Zudem war die Klausel für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht verständlich. Das Urteil hat hohe Relevanz für die Praxis.
Welche Bedeutung hat das Urteil für Eigner und Versicherer?
Es zeigt: Versicherer müssen klar und verständlich formulieren. Unklare Klauseln gehen zulasten des Versicherers. Für Eigner bedeutet es: Auch gegen große Versicherer lohnt sich der Rechtsweg, wenn die Sachlage klar ist. Ich rechne mit einer Signalwirkung in der maritimen Versicherungswelt.
Wie lassen sich Streitigkeiten mit Kaskoversicherern vermeiden?
Durch professionelle Prävention: Juristische Prüfung vor Vertragsabschluss, Abstimmung mit technischer Nutzung, lückenlose Dokumentation und ggf. Sondervereinbarungen. Ja, solche bedeuten oft viel Analyse, Konzeption und Verhandlung jenseits der Standards und man darf sich nicht vor intensiven Diskussionen scheuen. Wer aber glaubt, eine Standardpolice reiche für eine 10-Millionen-Yacht, irrt. Die möglichen Schadensfälle und Havarien belegen das. Und letztlich hat der Fall in Köln auch gezeigt, dass die Akzeptanz einer Versicherungsvorgabe keineswegs eine Absicherung ist. Wir begleiten Mandanten – Privat- und Chartereigner – oft über Jahre und bauen individuelle Schutzkonzepte auf.
Hat der Fall neue rechtliche Fragen aufgeworfen?
Ja. Etwa zur Reichweite der AGB-Kontrolle bei Spezial-versicherungen oder zur Einordnung technischer Vorgänge wie »Kranen« in das Versicherungsschema. Auch die Frage, ob die Verletzung von Informationspflichten beim Vertragsabschluss zu einem CIC-Anspruch führt, war Teil des Verfahrens. Es gibt bislang kaum Rechtsprechung zu diesen Fragen im Yachting-Kontext.
»Yachting ist kein Lifestyle, es ist ein hochkomplexes internationales Projekt«
Welchen Rat geben Sie Mandanten, die sich international absichern wollen?
Sprechen Sie mit Experten, bevor Sie Verträge unterschreiben. Die Flaggenwahl, Eigentümerstruktur, Crewmanagement, Versicherungsarchitektur und Steuerstruktur müssen zusammenpassen. Yachting ist kein Lifestyle, es ist ein hochkomplexes internationales Projekt. Wer das versteht, kann es rechtssicher genießen. Und: holen Sie sich kein Halbwissen aus dem Internet oder der KI, das Sie nicht einordnen können. Copy Paste ist kein Weg in solch komplexem Umfeld.
Ich verstehe mich nicht nur als Jurist, sondern als strategischer Partner meiner Mandanten. Yachting ist für viele eine Herzensangelegenheit. Es verdient dieselbe Professionalität wie ein Unternehmen. Als »Yacht-Anwalt« begleite ich meine Klienten über Jahre, oft generationenübergreifend.
Vielen Dank für das Gespräch, Prof. Schließmann!
The Yacht Attorney
Whether luxurious superyachts or sporty sailing boats – behind the maritime dream lies a complex legal world. Purchase, charter, registration, international waters and flag states: all this is not only a question of nautical skill, but also of legal sensitivity. One person who knows this special field like no other is Prof Dr Christoph Schließmann. The renowned expert in international commercial and yacht law has been advising owners, operators and investors internationally for years. »feine adressen – finest« had the opportunity to talk to him about current developments in the industry.
Yacht law is not a separate field of law, but rather an international cross-disciplinary subject. It combines maritime law, international private law, contract law, insurance law, tax and customs law, labour law, environmental law and, increasingly, compliance requirements. From a legal perspective, a yacht is a highly mobile asset with many interfaces. Yacht law begins with project planning, encompasses construction, purchase, registration and operation, and extends to disputes before international courts.
Numerous complex regulations apply, particularly to commercial yachts over 24 metres in length. Anyone who is not familiar with all the regulations and does not comply with them precisely risks detention, a charter ban or serious liability.
My specialisation in yacht law was motivated by entrepreneurial spirit and driven by personal passion. I was fascinated by the legal complexity and international nature of the cases. I quickly realised that a combination of in-depth knowledge of commercial law and maritime practice is rare. With the founding of » The Yacht Attorney®« and superyachtforum.eu, I systematically built up my specialisation.
When registering a yacht, the choice of flag is of strategic importance, as it influences the applicable law on board and many regulations. In the event of accidents or disputes, several legal systems often have to be examined in parallel. Each case is unique from a legal perspective.
When it comes to yacht insurance, the biggest problems are unclear, contradictory or surprising exclusions in the policies. Many »all-risk coverages« do not cover what one would expect. Crane damage, crew errors, transport operations and recourse exclusions are particularly critical.
»Yacht law requires not only legal precision, but also strategic thinking, technical depth
and humility in the face of the unpredictable«
In the yachting world, no two cases are alike. The deeper you delve into the subject matter, the clearer it becomes how complex, unexpected and often unpredictable legal and technical challenges can be. It is a process of continuous learning in a highly complex, global environment. What impressed me personally was the case of a large commercial superyacht, whose construction we legally supported and structured over a period of three years. After being handed over to the owner and registered in Malta, the yacht sank off Sardinia on its maiden voyage due to a defect. Within minutes, an object worth over 12 million euros was lost. The discussions about the causes, the liability consequences and the insurance coverage were immense. This case showed me once again that yacht law requires not only legal precision, but also strategic thinking, technical depth and humility in the face of the unpredictable.
One case that was legally and strategically revealing was the proceedings before the Regional Court of Cologne (20 O 18/23).A yacht was severely damaged while being craned in a Spanish ship-yard. The insurance company refused to pay, citing an unclear clause. We sued and won. The court made it clear that the terms and conditions were not transparent and that the damage was covered. The case involved not only over a million euros, but also fundamental questions regarding the interpretation of insurance terms and conditions. The focus was on the distinction between »hauling« and »transport«. We were able to prove that the lifting process – an insured event – had not yet been completed. Furthermore, the clause was not comprehensible to the average policyholder. The ruling is highly relevant in practice.
Disputes with insurance companies can be avoided through professional prevention: legal review before signing a contract, coordination with technical use, complete documentation and, if necessary, special agreements. Anyone who believes that a standard policy is sufficient for a 10 million yacht is mistaken. We often accompany clients – private and charter owners – for years and develop individual protection concepts.
I see myself not only as a lawyer, but also as a strategic partner to my clients. For many, yachting is a matter close to their hearts. It deserves the same professionalism as a business. As »Yacht Attorney«, I accompany my clients over many years, often across generations.











